Rede Django Asül zum Hofbräu-Maibock-Anstich
Grüß Gott zum Maibockanstich.
Darf Ihnen von dieser Stelle aus auch
die Grüße von MP Seehofer übermitteln. Er kann leider nicht
unter uns
sein. Er ist in China. Das Ziel von Seehofer ist ja, die CSU
wieder
konstant über 50 Prozent zu bringen. Wie sagte er vor drei
Tagen in
China: Je zentralistischer die Macht, desto höher die
Harmonie.
Horst Seehofer verlässt die Heimat sehr ungern. Verständlich.
Wenn
Seehofer außer Landes ist, übernimmt ja sein Stellvertreter
Zeil die
Regierungsgeschäfte. Dieser Umstand erfüllt gemäß den
CSU-Statuten
den Tatbestand des fahrlässigen Machtvakuums.
Die CSU ging auch davon aus, dass Herr Zeil soviel Anstand
hat und die
Kabinettssitzung vorgestern verschiebt, bis Seehofer wieder
da ist.
Aber Herr Zeil besitzt die Unverschämtheit, sein Amt ernst zu
nehmen.
Da leitete also erstmals seit dem 30jährigen Krieg ein FDPler
eine
bayrische Kabinettssitzung! Die CSU-Minister wähnten sich im
falschen
Film. Für die war das wie wenn beim Champions League Finale
auf einmal
die 60er auflaufen.
Kam nicht gut an bei der CSU. Gibt immer noch genug
CSU-Hardliner, die
bezweifeln, dass die Bayr. Verfassung eine Koalition für
legal hält.
Und gerade weil Herr Zeil auch weiß, dass die CSU diese
Koalition als
einen Betriebsunfall ansieht und nicht als Zukunftsmodell,
übt er sich
immer wieder gerne in Oppositionsarbeit.
Auslandsreisen werden bei Zeil schnell zum Kreuzzug gegen die
CSU. So
reiste er zum Beispiel vor einigen Wochen in die Türkei.
Allein das
schon einAffront. Aber er beließ es nicht dabei,
sondern streute noch
mehr Salz in die CSU-Wunde. Er sprach das Tabuthema an:
EU-Mitgliedschaft der Türkei.
Zeil sagte: Die Position Deutschlands ist nicht privilegierte
Partnerschaft.
Als bayr. Repräsentant sagte er, dass er Position der
Bundesregierung
vertritt. Herr Zeil, geht?s noch? Das ist ja wie wenn der
Guttenberg
sagt, dass er auf 400-Euro-Basis für die Taliban arbeitet.
Das ist nicht mehr mutiges Vorpreschen, Herr Zeil, das ist ja
schon
Größenwahn!
Dauernd betonen Sie penetrant, dass Verhandlungen mit Türkei
ergebnisoffen geführt werden müssen. Ergebnisoffen! Da kriegt
die CSU
so einen Hals, wenn das Wort ergebnisoffen fällt. Weil seit
2008
Wahlen für CSU auch immer ergebnisoffen sind.
Die Ergebnisoffenheit wird immer schlimmer. Die
Bundestagswahl war ja
auch nicht der Hit. CSU schlechtestes Ergebnis seit 1949.
Strafe für Wahlschlappe folgte auf dem Fuß: Im neuen
Bundeskabinett
bekam CSU statt den geplanten 2 Ministerien nur 3. A Hund is
er scho,
der Seehofer!
Frau Aigner kam über Frauenquote rein. Oder wie Seehofer es
formulieren würde: Die Oberweite diente als Überhangmandat.
Aber die Aigner ist sehr souverän. Die macht so einen guten
Eindruck -
da fragen sich viele: Die sitzt in Berlin und macht keinen
Fehler -
ist die wirklich in der CSU?
Dabei war ja Fehlerlosigkeit die Domäne vom Guttenberg!
Der wird auch den Zeiten als Wirtschaftsminister hinterher
trauern.
Schweres Erbe von seinem Vorgänger Jung übernommen. Jung nahm
tragisches Ende. War interessantes Projekt. Versuch, aus
einem
Fußabstreifer von Roland Koch einen Minister zu machen.
Leider
gescheitert. Aber Frau Merkel hat ihn bei der Verabschiedung
als einen
anständigen, ehrlichen Menschen bezeichnet. Stimmt auch. Jung
hat
nicht gelogen. Er war nur dämlich. Überraschung, weil in der
Union
sonst immer genau umgekehrt.
Darum kein Zufall, dass Guttenberg jetzt der Lüge bezichtigt
wird.
Wenn überhaupt, dann log Guttenberg moralisch sauber. Er
sagte nur die
Unwahrheit, weil er die Wahrheit nicht kannte.
Das heißt: Verlogen ist nicht Guttenberg, verlogen war jede
Bundesregierung seit 2001 beim Thema Afghanistan. Es begann
mit dem
weisen Spruch eines weisen Verteidigungsministers, der da
lautete: Die
Verteidigung Deutschlands beginnt am Hindukusch.
Auf gute deutsch: Krieg ja ? aber bitte nicht direkt vor der
Haustür.
Der ganze Krach von Detonationen und schreienden Menschen.
Der ganze
Dreck, der da entsteht. Ganz zu schweigen von Panzern, die
einem den
Parkplatz vor der Haustür wegschnappen.
Bis vor ein paar Wochen wollte ja Frau Merkel den Deutschen
immer
vormachen, dass die Bundeswehr dort nicht im Krieg ist,
sondern eher
im Zeltlager. Da sitzen die Soldaten am Lagerfeuer und
erzählen sich,
wie stressfrei es dort ist ohne Frauen. Ab und zu kommt ein
Taliban
vorbei und bringt einen Kasten alkoholfreies Weißbier?
Irgendwann wusste in Afghanistan keiner mehr, was die
Wahrheit ist.
Und was die Deutschen dort eigentlich wollen und sollen.
Selbst der
afghanische Präsident hat die Orientierung verloren.
Präsident Karzai sagte erst kürzlich: Wenn sich der Westen
weiterhin
so blöd anstellt, kann ich auch mit den Taliban. Das ist die
größtmögliche politische Flexibilität seit Frau Ypsilanti in
Hessen.
Daher werden die kritischen Stimmen in Deutschland immer
lauter. Und
manche Geschichtsvolltrottel vergleichen den Einsatz in
Afghanistan
mit dem Einfall in Polen seinerzeit. Was natürlich erwiesener
Schwachsinn ist.
Weder Schröder noch Merkel wollten jemals Afghanistan
einnehmen. Und
beide sind nachweislich keine Österreicher. Außerdem ist
Fairness das
oberste Gebot für die Bundesregierung. Sie gestattet der
Bundeswehr
vor Ort nur das Nötigste an Ausrüstung, damit halbwegs ein
Gleichgewicht der Arsenale besteht. Und weil die Taliban
chronisch
schlecht ausgestattet sind, fehlt logischerweise auch der
Bundeswehr
vor Ort das Nötigste.
Geht es nach dem Willen des Volkes, steht nicht
Guttenberg zur
Disposition, sondern Westerwelle. Und das Imposante ist:
Einen
Westerwelle muss nicht die Öffentlichkeit zerlegen. Ein
Westerwelle
zerlegt sich selber.
Nach der Wahl konnte ja der Westerwelle vor lauter Kraft
nicht mehr laufen.
FDP holte 14,6 Prozent. Westerwelle hat von Anfang das Komma
ignoriert.
Er hat der Frau Merkel alles in den Koalitionsvertrag
diktiert. Und
sie hat alles reingeschrieben. Sie wollte einfach nur ihre
Ruhe. Ganz
nach dem Motto: Macht ja, Regieren nein. Frau Merkel hat ja
direkt
nach der Wahl schon angedeutet, dass sie endlich einsieht,
dass
Politik jetzt nicht ganz so ihr Ding ist.
Sie ist ja erst mal paar Tage zum Sarkozy. Inspiriert von
diesem
französischen Staatshallodri bekam die Kanzlerin Lust auf
Party. Denn
als sie nach paar Tagen zurück kam, begann der große
Feierherbst. Erst
wurde der Tag der deutschen Einheit gefeiert. Dann wochenlang
20 Jahre
Mauerfall. Der 9.11. wurde zelebriert bis zum Gehtnichtmehr.
Wobei...
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht ? aber ich hatte im Herbst
schon das
Gefühl, dass diese 20-Jahre-Mauerfall-Geschichte bei uns in
Bayern
nicht ganz so das große Thema war. Wir in Bayern sind ja doch
eher
Traditionalisten. Da sind 20 Jahre zu wenig.
Drum war für uns in Bayern der 11.11. immer schon wesentlich
interessanter als der 9.11. Nicht wegen Fasching, sondern vor
allem
wegen St. Martin. Mir hat ja diese Geschichte vom St. Martin
als Kind
immer unheimlich gut gefallen. Die Legende, wo ein edler,
reicher Mann
draußen in der Kälte einen Armen trifft. Den hat gefroren.
Der St.
Martin teilt mit ihm den Mantel. Und bissl später erfrieren
sie beide.
Das war übrigens auch die erste Fabel auf die deutsche
Wiedervereinigung.
Als die ganze Feierei vorbei war, kam der Guido daher und
meinte:
So, Frau Merkel, die Tinte im Koalitionsvertrag ist trocken.
Jetzt
will ich das, was da drin steht. Und zwar Steuersenkung.
Da meinte die Merkel: Guido, gut dass Du mich drauf
ansprichst. Da
wollte ich eh nochmal mit Dir drüber reden. Ich hab jetzt da
mal
nachgeschaut ? da ist kein Geld da.
Da sagte der Westerwelle: Ist das Dein Ernst?
Da meinte die Merkel: Ja, also genau genommen haben wir sogar
Schulden.
Da meinte der Westerwelle: Ja, seit wann denn das? Da weiß
ich ja gar
nix davon! Das wenn wir gewusst hätten, hätten wir doch nie
und nimmer
Steuersenkungen verlangt! Wir sind doch nicht blöd, bloß weil
wir in
der FDP sind!
Da war der Guido richtig zickig. Und hat der Merkel das
Messer an die
Brust gesetzt: Frau Merkel, so geht?s nicht. Wenn ich die
versprochene
Steuersenkung nicht kriege, torpediere ich Euren
Gesundheitsfonds.
Und die Merkel dann: Guido, tu mir das nicht an! Dieser
Gesundheitsfonds ist der größte Schwachsinn, den wir je
fabriziert
haben. Nur damit komm ich mal in die Geschichtsbücher! Guido,
ich mach
Dir einen Kompromissvorschlag. Du kriegst jetzt eine kleine
Steuersenkung, lässt mir den Gesundheitsfonds, und später
schauen wir
mal, ob es für eine große Steuersenkung auch reicht.
Da meinte der Westerwelle: Aha, jetzt kommst so daher! Eben
hieß es
noch, es ist kein Geld da! Wie willst denn das alles
überhaupt
finanzieren?
Da sagte die Merkel: Ganz einfach ? mit einem
Schattenhaushalt. Also
ein Haushalt neben dem normalen Haushalt.
Da hat der Guido gefragt:???
Ja, meinte die Merkel, das ist wie eine Bilanz außerhalb der
Bilanz.
Das hat sie bei den Banken abgeschaut. Das funktioniert.
Dieser Schattenhaushalt war ja dann tatsächlich kurz vor der
Einweihung. Und auf einmal rollt der Schäuble ums Eck, hebt
mahnend
den Zeigefinger und sagt:
Halt, das geht nicht!
Da hat die Merkel gefragt: Warum geht das nicht?
Da hat der Schäuble geantwortet: Das ist Betrug.
Da meinte die Merkel: Das weiß ich auch, aber warum geht das
nicht?
Für Frau Merkel gilt also: Ethik ja, Moral nein. So gesehen
wäre sie
schon die ideale Ergänzung zum Westerwelle. Der Guido hat
dann
wenigstens die Mehrwertsteuersenkung für die Hotels
durchgekriegt.
Das war ja eigentlich eine CSU-Idee. Bloß weil das
Klientelpolitik
ersten Ranges ist, war Seehofer so weise und hat dieses
Anliegen der
FDP in die Schuhe geschoben. Dann kam noch raus, dass die FDP
Millionenspenden aus der Hotelbranche bekam. Und um davon
abzulenken,
hat sich der Guido auf die Ärmsten der Armen gestürzt. Und
zwar auf
die Hartz-IV-Leute.
Irgendwann hat er aber doch gemerkt, dass er sich
vergaloppiert hat.
Im Moment rudert Westerwelle schon irgendwie zurück. Sein
aktueller
Standpunkt ist: Er kann sich eine Rücknahme der
Mehrwertsteuersenkung
für Hotels vorstellen, falls die Hartz-IV-Leute sich
verpflichten,
öfter im Hotel zu übernachten.
Westerwelle führte sich auf wie eine Oppositionspartei und
kapierte
nicht, dass Opposition auf Bundesebene immer schon Sache der
CSU war.
Und jetzt hat er die Hosen voll, dass die Wahl in NRW schief
geht für
die FDP. Da hätte er mal zu den Grünen schauen sollen. Die
Grünen
zeigen eindrucksvoll, wie moderne Oppositionspolitik
aussieht. Die
Grünen stehen bei Umfragen schon wieder bei 15 Prozent!
Wissen Sie
warum? Weil die seit 3 Monaten das Maul halten.
Wenn der Guido so weiter macht, schafft er die 15 Prozent.
Aber mit
Komma dazwischen.
In der Politik ist es wie im Sport. Wenn ein Stern verglüht,
steht
meist schon der nächste Star auf der Matte. Oft aus purem
Zufall. Oder
aus Verzweiflung. Da speibt ein Vulkan auf Island ? und schon
hat die
CSU ihren nächsten Superstar.
Er kam wie Phönix aus der Asche und wurde zum Ramses aus der
Asche.
Viele rätselten noch, was diese komische Wolke soll. Manche
dachten,
das sei nur das Tief Kachelmann. Aber der Ramsauer Peter hat
sofort
den Ernst der Lage erkannt. Wobei sofort in diesem Fall ein
sehr
dehnbarer Begriff ist.
Ich schaltete vor einer Woche den Fernseher ein und kam aus
dem
Staunen gar nicht mehr raus: Der Ramsauer gibt eine
Regierungserklärung ab! Auf Phönix, nicht auf RTL! Sensation!
Ich war
mir bis letzte Woche bombensicher: Bevor der Ramsauer mal
eine
Regierungserklärung abgeben darf, spricht der Karl Moik das
urbi et
orbi in Rom!
Gespür für Timing. Ramsauer stellte sich im Bundestag der
heiklen
Flugsituation. Wann? Nachdem der Luftraum wieder geöffnet
worden war.
Ist das nicht genial? Quasi wie Angela Merkel ? aber mit
Lösung!
Die Opposition warf ihm gleich vor, dass er Schlaglöcher im
Luftraum
schafft, um von den Schlaglöchern auf deutschen Autobahnen
abzulenken.
Dabei hat Ramsauer nur die üblichen politischen Reflexe
bemüht: Erst
mal Verantwortung delegieren. In dem Fall an die
Flugsicherung. Und
wenn die Flugsicherung von den Airlines an den Pranger
gestellt wird,
eingreifen nach dem Motto ?Da kann und darf ich als
Verkehrsminister
nicht tatenlos zuschauen.?
Tatenlosigkeit kann man dem Ramsauer nicht vorwerfen. Der
Peter hat ja
auch sofort ein Messflugzeug losgeschickt. Man wusste zwar
nicht, was
man mit dem Ergebnis der Messungen anfangen soll. Aber
gemessen hat
man. Der Ramsauer hat das Ergebnis sich genau angeschaut und
gesagt:
Daraus geht eindeutig hervor: Wenn die Wolke weg ist, ist sie
nicht
mehr da.
Dialektisch interessant ist auf alle Fälle das Vorgehen
Ramsauers.
Einerseits striktes Flugverbot. Andererseits Ausnahmen.
Endlich ein
Minister, der sich nicht dreht wie das Fähnlein im Wind.
Sondern wie
Seehofer bei der Gesundheitsreform.
Wobei Seehofers Standpunkt bei der Gesundheitsreform klar
umrissen
ist: Die CSU ist gegen das, was die FDP will. Was das genau
ist, ist
zweitrangig. In dem Fall ist das die Kopfpauschale. Da hat
der
Seehofer den Söder von der Leine gelassen, damit der sich
endlich mal
wieder austoben kann. Als Umweltminister ist Frankens
Testosteronbomber heillos unterfordert. Für den Kampf gegen
die
Kopfpauschale ist der Söder der ideale Mann. Alles, was mit
dem Kopf
zu tun hat, ist dem Söder höchst suspekt. Der Söder ist mehr
Bauchmensch.
Unfreiwilliger Mentor war ja der Huber Erwin. Der Huber Erwin
hat nach
der Bundestagswahl gesagt: Ich habe immer vor kleinkariertem
Gezänk
mit FDP gewarnt. Da hat der Seehofer die Botschaft kapiert:
Die CSU
muss die FDP nicht in Bayern, sondern im Bund attackieren.
Also
großkariertes Gezänk.
Zielscheibe Nummer 1: Gesundheitsminister Rösler. Der
Seehofer hat
sich schon vor der Wahl gefragt: Brauchen wir einen
niedersächsischen
Chinesen in der Bundesregierung? Das war schon ein Dammbruch.
Und grad
auf die Niedersachsen ist gar kein Verlass mehr. Jetzt hat
der Wulff
schon wieder für einen Eklat gesorgt: Eine Türkin als
Sozialministerin! Und die hat gleich einen Kreuzzug gegen das
Kreuz
gestartet. Da schüttelt es einen Seehofer! Türken, Chinesen ?
deutsche
Politik ist doch kein Dritte Welt Laden! Für Seehofer ist
klar: Jetzt
haben wir eh schon eine aus dem Ostblock als Kanzlerin ? da
muss jetzt
auch mal wieder Schluss sein mit immer mehr Ausländern in der
Politik.
Der Seehofer hat sich den Söder zur Seite genommen und
gesagt: Siehst
den da drüben? Das ist der neue Fengshui-Gesundheitsminister.
Der
Mister Kopfpauschale. Asozial bis zum geht nicht mehr.
Dabei ist die Kopfpauschale aus liberaler Sicht äußerst
sozial.
Schließlich bedeutet das ja im übertragenen Sinne, dass die
Krankheit
eines Armen genauso viel wert ist wie die eines Reichen.
Außerdem
steht die Kopfpauschale in der Koalitionsvereinbarung.
Die CSU aber sieht den Koalitionsvertrag politisch und
theologisch
nicht bindend. Die Abmachungen darin sind nicht die zehn
Gebote. Sagt
CSU-Allzweckgrätsche Söder.
In diesem Kontext ist es übrigens mehr als verständlich, dass
der
Herrgott die zehn Gebote nicht Frau Merkel anvertraut hat.
Sie hätte
erst mal pro Gebot eine Kommission eingesetzt, um eine
Machbarkeitsstudie einzusetzen. Bis die ein brauchbares
Ergebnis
präsentiert hätten, wäre das Land der Verheißung zum
Weltkulturerbe
geworden.
Hier tut sich eine kulturelle Kluft auf zwischen CSU und FDP
auf. Für
die CSU heißt Solidarität: Die Starken müssen für die
Schwachen da sein.
Für die FDP heißt Solidarität: Die Schwachen sollen den
Starken nicht
auf den Keks gehen.
Apropos auf den Keks gehen: Der Söder spielt eine immer
größere Rolle
in der bayrischen Politik. Dank dem gespaltenen Verhältnis
vom
Seehofer zum Koalitionsvertrag. Nach der Wahl hat Seehofer
bekräftigt:
die Messlatte ist der Koalitionsvertrag. Wenn die Messlatte
bei der
Gesundheitspolitik zu hoch ist, muss die CSU halt unten durch
springen. Söder dafür der ideale Mann. Über die Jahre hinweg
bewährt
als Tiefflieger.
Söder will im Dauertiefflug hoch hinaus. Ziel:
Ministerpräsident.
Drunter macht er es nicht. Und die Hauptaufgabe eines bayr.
MP ist
seit eh und je, den Berlinern zu zeigen, wo der Hammer hängt.
In Berlin hat der Söder gleich mal eine Duftmarke gesetzt.
O-Ton
Söder: Die Gesundheitskommission ist erledigt, bevor sie ihre
Arbeit
überhaupt angefangen hat.
Diese Botschaft kam in Berlin an. Aber nicht gut.
Die Berliner CSU fühlte sich provoziert. Daraufhin hat
Seehofer die
Epoche der Brüderlichkeit ausgerufen. Das heißt: er hat die
Berliner
Kollegen zum Abschuss freigegeben.
Damit Zoff entstehen kann, muss es in Berlin jemanden geben,
der
nichts zu sagen hat und sich trotzdem zu Wort meldet. Einen
Landesgruppen-Schüttelschorsch.
Schnell gefunden: Hans-Peter Friedrich. Und der fing gleich
mal mit
einem Kardinalsfehler an. Der Friedrich beklagte Äußerungen
nicht
zuständiger Politiker aus dem Süden! München ist immer
zuständig. Die
Berliner CSU ist nicht Prokuristin der Münchner Hauptstelle,
sondern
allenfalls Laufbursche. Das muss der Friedrich noch lernen.
Friedrich auch noch Oberfranke. Für den Seehofer sind die
Oberfranken
eh nur Restbayern. Bis auf den Guttenberg. Aber der Baron ist
ja
ethnisch eher androgyn.
Offiziell sollte Herr Friedrich Seehofers Mittelstürmer unter
der
Reichstagskuppel zu sein. Aber fatalerweise entschied sich
Herr
Friedrich für ein Eigentor. Der Dialog zwischen Berlin und
München
wurde so zum kommunikativen Darmverschluss.
Seehofer: Friedrich verzapft bodenlosen Unsinn. Zitat
Seehofer: ?Was
er sich geleistet hat, kann man nicht mit Freundlichkeit
wettmachen.?
Damit ist Hans-Peter Friedrich praktisch der Kevin Kuranyi
der CSU.
Und ähnlich wie Kuranyi versucht auch Friedrich, die Wogen zu
glätten.
Söders Vorschlag sei ja nur eine Gedankenskizze gewesen, hat
Friedrich
dann behauptet. Welch Euphemismus! Söder und Gedankenskizze!
Der Söder
wenn zeichnet, macht er das nicht mit einem Bleistift,
sondern mit
einem Vorschlaghammer.
Diese Durchschlagskraft braucht Söder auch, wenn er MP werden
will.
Aber die Chancen stehen schlecht. Sagt Frau Haderthauer. Sie
sieht das
eher realistisch. Wenn Guttenberg Parteichef wird, kann nicht
ein
zweiter Franke MP werden.
Frau Haderthauer ist sich sogar sicher, dass nur sie selber
MP werden
kann. Dank Gleichstellungsgesetz. Das kennt man noch von
früher. Da
stand in Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst auch
immer der
Satz ?Bei gleicher Eignung werden Frauen und Behinderte
bevorzugt.?
Frau Haderthauer, Sie sind auch die große Hoffnung der
Frauen-Union.
Die Frauen-Union fordert eine Frauenquote von 40 Prozent in
den
Parteigremien. Derzeit gibt es aber 20 Prozent weibliche
Parteimitglieder.
Im Moment würde eine realistische Textaufgabe in der 6.Klasse
lauten:
Wieviele Männer müssen aus der CSU austreten, damit die 20
Prozent der
Frauen dann 40 Prozent ergeben?
Frau Haderthauer, da haben Sie also noch einen weiten Weg vor
sich.
So berechenbar die Ambitionen der Frau Haderthauer sind, umso
unberechenbarer ist ihr Auftreten. Sie scheut auch keinen
Vergleich
mit der Konkurrenz.
Sie sagte frank und frei: Der Söder ist zwar länger als ich,
aber ich
bin schlauer.
Frau Haderthauer, so sympathisch wie Sie hat noch niemand dem
Söder
eine lange Leitung unterstellt.
Weitere Konkurrenten haben Sie ja eh nimmer zu befürchten.
Der
Fahrenschon scheidet aus als Kandidat für die
Seehofer-Nachfolge.
Unser Gastgeber hat jetzt eine Lebensaufgabe, nachdem die
Landesbank
Pflegestufe 3 beantragt hat.
Wer MP werden will, braucht aber ein harmloses Ressort mit
viel
Tagesfreizeit. Die Beispiele Haderthauer und Söder beweisen:
Langeweile ist der ideale Auslöser für Drang nach höheren
Weihen. So
gings ja auch dem Kollegen Stoiber. Paar Wochen nach seiner
Demission
damals hatte der Edmund ein ganz seltsames Gefühl.
Da hat er in der Staatskanzlei angerufen und gefragt: Leute,
kann es
sein, dass ein MP a.D. weniger Verantwortung hat als ein MP
im Amt?
Da wollte die Staatskanzlei den Edi nicht brüskieren und hat
geantwortet: Ja, aber wenn Sie bissl Unordnung stiften
wollen, finden
wir schon was für Sie, ohne dass Bayern darunter leidet.
So kam ja Stoiber an den Job in Brüssel. Und als
Bürokratievernichter
macht er einen hervorragenden Job. Stoiber stellt in Brüssel
alles auf
den Kopf. Detailversessen. Prüft alles doppelt und dreifach.
Wie
damals. Beim Kauf der Hypo Alpe Adria. Da wurde nix dem
Zufall
überlassen.
Mit Lupe in der Hand hat sich der Edmund die Bank
vorgeknöpft. Gut,
vielleicht nicht die Bank. Aber den Briefkopf der Hypo Alpe
Adria. Und
der Edmung kam zu dem Schluss: Das ist eindeutig eine Bank ?
bitte
sofort kaufen.
Und dann hat der Edmund eigenhändig die Aufsichtsräte
angerufen.
Huber, Beckstein, Schmid. Er hat gesagt: Ich hab persönlich
alles
durchgecheckt mit HGAA. Jetzt wollte ich Euch schnell noch
Eure
Meinung zu dem Thema durchgeben.
Jetzt heißt es auf einmal: Stoiber war nachweislich
informiert über
die Situation der Hypo Alpe Adria. Der Staatskanzlei lagen
Unterlagen
vor, die voll waren von hohen Verlusten, zwielichtigen
Geschäften,
Vertuschung, Bilanzfälschung. Das mag schon sein. Aber kein
Mensch
kann Stoiber nachweisen, dass er es auch kapiert hat!
Für Stoiber war klar: Wenn an dieser Bank etwas faul wäre,
hätte doch
der Schreiber ein Konto dort. Oder zumindest der Max Strauß.
Immerhin trägt Stoiber aktiv zur Aufklärung bei. Er hat
gleich gesagt:
Ich wusste von nix. Habs nur eingefädelt.
Dann wurde er gefragt: Aber Herr Stoiber, Sie waren doch
selber
deswegen bei der Nationalbank in Kroatien und haben Druck
gemacht!
Stoiber: Was? Ich in Kroatien? Niemals. Wo liegt das
überhaupt?
Dann hat man ihm Fotos vorgelegt von seinem Besuch dort.
Stoiber: Des bin i ned.
Das ist zu wenig. Das findet auch der Huber Erwin. Der Erwin
sagte neulich:
CSU muss zu ihrer Verantwortung stehen.
Der Erwin ergänzte noch: Die Wirtschafts- und Finanzkompetenz
der CSU
werde schließlich nicht durch die Landesbank geprägt.
Erwin, da wären wir ohne Dich jetzt aber nicht drauf
gekommen. Da wäre
es gescheiter gewesen, Du hättest es auf Englisch gesagt.
Im Falle von Stoiber geht es natürlich auch um Schuld und
Sühne. Und
Stoiber sollte nicht erst abwarten, bis die Beweislast ihn
erdrückt.
Sondern sich eher an Bischof Mixa und Bischöfin Kässmann
orientieren.
Beide gestanden ihre Schuld ein. Dabei war weder Herr Mixa
mit Ribery
im Bordell noch Frau Kässmann nüchtern.
Beide mussten deshalb nicht vor den Untersuchungsausschuss.
Das bleibt
den Landesbank-Legenden leider nicht erspart.
Untersuchungsausschuss zähe Geschichte.
Opposition legte 188 Fragen vor. CSU nur 20 Fragen. Und
wollte 120 der
188 Fragen der Opposition verändern. Warum? Weil CSU weiß,
dass
Stoiber und Co. keine Antworten parat haben.
Das ist neutrale Sachlichkeit a la CSU. Wahrscheinlich hat
die CSU die
188 Fragen noch einem Anti-Bürokratie-Experten in Brüssel
vorgelegt.
So kann es nicht weitergehen mit der Landesbank. Das findet
übrigens
auch Bayerns SPD-Chef Pronold.
Sein Kommentar zu diesem Thema: Wenn es keine politischen
Konsequenzen
gibt, würden sich die Menschen hinters Licht geführt fühlen.
Diese Worte muss man ernst nehmen. Arbeit ohne politische
Konsequenz
tägliche Brot der bayr. SPD.
Vor Bundestagwahl versprach Pronold ?wir werden die
inhaltliche
Zuspitzung suchen?.
Resultat bei der Bundestagswahl: Schlechtestes Ergebnis der
Nachkriegszeit. Nachkriegszeit keine gute Zeit für SPD. Drum
fragen
sich die Sozis schon, wann denn endlich die nächste
Vorkriegszeit
beginnt.
Aber der Pronold ist ja noch jung. Und man muss den Bayern
auch Zeit
lassen, um ihn kennenzulernen. Ich kenne ihn ja sehr gut.
Seit 1983.
Wir waren gemeinsam im Robert-Koch-Gymnasium in Deggendorf.
Wir waren
gemeinsam in Amerika beim Schüleraustausch. Wir haben
gemeinsam Abitur
gemacht. Und danach zusammen in der Sparkasse die Ausbildung
zum
Bankkaufmann absolviert.
Wir haben also einen langen Lebensweg gemeinsam beschritten.
Aber wie
es halt so ist im Leben: Irgendwann trennen sich die Wege.
Der eine
macht Karriere. Der andere geht zur SPD.
Der Florian steht für den Neustart der bayr. SPD.
Neustart wäre auch für Landesbank nötig. Neuer Name. Da
Edmund mit
Landesbank Welt erobern wollte, würde vielleicht Banca
Edmondiale
passen. Oder gleich Bankrott. Wäre Hommage an Strauß. Dessen
letzte
Ruhestätte liegt ja in Rott am Inn.
Seine Ruhe will scheinbar auch der Stoiber. Er hat jetzt dem
Schneider
Sigi einen Brief geschrieben. Und darin steht: NACH meiner
Erinnerung
habe ich keinerlei Unterlagen gekriegt, die auf negative
Entwicklungen
bei der HGAA hingewiesen hätten.
Herr Fahrenschon, daraus sollten Sie was lernen. Auch Sie
werden noch
oft genug brisante Akten kriegen. Darum sollten Sie sich
heute schon
überlegen, wann Sie diese Unterlagen gekriegt haben wollen:
NACH Ihrer
Erinnerung a la Stoiber - oder sicherheitshalber VOR Ihrer
Erinnerung.
In diesem Sinne: Bis nächstes Jahr!